Liebe Studierende,
aktuell sind einige Änderungen von Lehramts-, Informatik- und Wirtschaftsinformatik-Bachelor-Curricula in Ausarbeitung. Es geht konkret um (für Studierende eher nachteilige) Änderungen im ersten Semester aller Informatik-Bachelorstudien und um eine positive Änderung im Bezug auf die Voraussetzungsketten im Lehramt. Diese Änderungen sind gerade alle noch im laufenden Verfahren, d.h. die Änderungen sind formal noch nicht fixiert. Es gibt aktuell eine Stellungnahmefrist, in der auch ihr bis zum 23. Mai Stellungnahmen abgeben könnt. Diese werden dann hoffentlich noch eingearbeitet. Anschließend werden die Änderungen der Curricula noch endgültig („in zweiter Lesung“) beschlossen und können im Falle einer Annahme im Oktober in Kraft treten.
Wir informieren euch mit diesem Artikel über die geplanten Änderungen, wie es dazu kam/kommt und was wir – gemeinsam – dagegen tun können!
GEPLANTE ÄNDERUNGEN IM BACHELOR INFORMATIK UND IM BACHELOR WIRTSCHAFTSINFORMATIK (BETRIFFT AUCH DEN BACHELOR LEHRAMT UF DIGITALE GRUNDBILDUNG UND INFORMATIK)
Überblick über die geplanten Änderungen
Im Bachelorstudium Informatik und Wirtschaftsinformatik wurden kürzlich in erster Lesung bedeutende Änderungen beschlossen, die vor allem das erste Semester betreffen. Die wichtigsten Punkte:
- Die bisher freiwilligen Übungen (PUEs, genannt „Repetitorien“) zu den beiden VOen Mathematische Grundlagen der Informatik und Technische Grundlagen der Informatik (beide bisher je 6 ECTS) sollen verpflichtend, also zu UEs, werden. Selbiges gilt für die VO Theoretische Informatik, die ebenfalls im ersten Semester vorgesehen ist, jedoch nicht zur STEOP gehört.
Damit steigt der Anteil prüfungsimmanenter Lehrveranstaltungen (pi LVen) zu Studienbeginn deutlich.
- Um dies umzusetzen, wird die ECTS-Verteilung verändert:
Die VOen erhalten künftig für denselben Lernaufwand nur noch 3 ECTS statt wie bisher 6, da die ECTS-Anteile für die Übungen ausgelagert und auf verpflichtende Übungen mit jeweils 3 ECTS übertragen werden.
Insgesamt bedeutet das: 3x 6 ECTS (+ optional 3x 2 ECTS für die PUEs) werden durch 3x 3 ECTS VO und 3x 3 ECTS verpflichtende Übungen ersetzt.
Der positive Abschluss der jeweiligen Übung soll Voraussetzung für den Antritt zur VO-Prüfung sein. Dh. wer in der Übung – aus welchem Grund auch immer – negativ ist, kann nicht einmal die VO-Prüfung machen und muss für beides auf das nächste Semester warten. Diese Umstellungen treffen daher potentiell besonders finanziell benachteiligte Studierende hart, die ECTS für ihre Beihilfen nachweisen müssen.
Die genauen Änderungen sind hier veröffentlicht. Konkret:
- Bachelor Informatik:
https://senat.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/s_senat/Curricula/2024_2025/10_AEnderung_BA_Informatik_f1Lesung.pdf - Bachelor Wirtschaftsinformatik:
https://senat.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/s_senat/Curricula/2024_2025/11_AEnderung_BA_Wirtschaftsinformatik_f1Lesung.pdf
Warum wünscht sich die Fakultät diese Änderung?
Die Argumentation der Befürworter:innen lautet: Viele Studierende schließen die STEOP nicht positiv ab. Durch verpflichtende Übungen erhofft man sich mehr konstantes Arbeiten und dadurch mehr positiv absolvierte Prüfungen, vor allem in der STEOP.
Dazu muss man sagen, dass das Budget der Universität Wien und in weiterer Folge auch der Fakultät leider zu einem sehr großen Teil davon abhängt, wie viele Studierende „prüfungsaktiv“ sind. Als „prüfungsaktiv“ gilt man, wenn man in einem Studienjahr im jeweiligen Studium mindestens 16 ECTS positiv abschließt (siehe https://studieren.univie.ac.at/pruefungsaktivitaet/). Also das Budget für Lehre und Forschung steigt, wenn mehr Studierende mehr Lehrveranstaltungen positiv abschließen.
Damit ist die Motivation, warum die Universität diese Änderung wünscht, klar: Sie erhofft sich schlichtweg, dass durch mehr Übungen Studierende konstant mitlernen und damit das erste Semester (idealerweise sogar auf Anhieb) positiv abschließen.
Weiters spielt natürlich auch eine Rolle, dass es für Lehrende eher zermürbend ist, wenn sie vor (halb?) leeren Räumen stehen, weil Studierende – ggf. trotz Anmeldung – nicht erscheinen. Auch dieses Argument ist für uns durchaus valide. Uns wurde außerdem mehrfach versichert, dass man den Studierenden die Übungen nicht extra schwer machen wolle und dass man diese leicht bestehen können werde.
Wir sehen die Änderungen jedoch trotzdem kritisch und sprechen uns daher gegen diese Änderungen aus!
Und zwar aus folgenden Gründen:
- Eigenverantwortung der Studierenden
Studierende sind für ihr Vorankommen im Studium selbst verantwortlich und müssen nicht an der Hand geführt werden, auch nicht im 1. Semester. Durch die Repetitorien gibt es aktuell bereits ein freiwilliges Angebot, das von vielen Studierenden angenommen wird, das jedoch nicht verpflichtend ist. Ein freiwilliges Angebot (gemeinsam mit der dringenden Empfehlung, es anzunehmen) reicht aus.
- Eine hohe Durchfallquote in der STEOP ist keine Überraschung
Die STEOP ist explizit dazu da, dass Studierende herausfinden, ob das Studium das richtige für sie ist. Eine hohe Durchfalls- oder Abbruchquote ist daher in der STEOP nicht überraschend. Weiters ist es wenig sinnvoll, die Studierenden durch die STEOP „zu tragen“, wenn diese dann erst später herausfinden, dass das Informatikstudium an einer Universität vielleicht doch nicht das richtige für sie ist.
- Studierende mit Vorkenntnissen werden zu Teilnahme & Abgaben verpflichtet
Insbesondere der Stoff der Module Technische Grundlagen der Informatik und Theoretische Informatik wird in vielen Fällen bereits in der Schule unterrichtet, beispielsweise in HTLs. Durch zusätzliche prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen werden Studierende nun gezwungen werden, ggf. wöchentliche Abgaben zu machen, obwohl sie die Vorlesungsprüfung ggf. vielleicht auf Anhieb schaffen würden.
Das soll nicht heißen, dass wir das Studium auf Studierende mit Vorkenntnissen zuschneiden wollen, ganz und gar nicht. Aber es soll jede Person selbst entscheiden können, ob sie die Übungen/Abgaben braucht oder nicht.
- Noch mehr Prüfungsimmanenz ist eine Hürde für arbeitende Studierende
Unser Studium besteht bereits jetzt fast ausschließlich aus prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen. Durch diese Änderung wird der Anteil prüfungsimmanenter Lehrveranstaltungen im Studium noch weiter erhöht. Gerade für berufstätige Studierende stellt dies eine noch größere Hürde im Studium dar, vor allem wenn man Anwesenheit ggf. verpflichtend macht.
- Diese Maßnahme könnte den genau gegenteiligen Effekt haben
Es gibt keinerlei Beleg und keine Zahlen (oder anders gesagt: uns wurden keine geliefert), die belegen, dass Studierende, die die PUE positiv absolvieren, tatsächlich besser bei der VO-Prüfung abschneiden. Leider wurden – auch auf unsere Bitte hin – keine solchen Auswertungen gemacht. Insofern wissen wir eigentlich nicht, was das Problem ist und warum die Durchfallsquote in der STEOP aktuell so hoch ist. Wir wissen also nicht, ob mehr Prüfungsimmanenz tatsächlich einen positiven Effekt oder stattdessen eventuell sogar einen negativen Effekt haben könnte: Die pi LVen sollen ja bspw. Voraussetzung für den Antritt zu den VO-Prüfungen werden ... also wer die pi LVen nicht positiv abschließt, kann de facto gar nichts machen – aktuell könnte so jemand die VO-Prüfungen und damit die STEOP immer noch positiv absolvieren. Die verpflichtenden Übungen können also durchaus eine weitere Hürde im Vorankommen sein und damit theoretisch den genau gegenteiligen Effekt haben.
Wer z.B. aus gesundheitlichen Gründen die Übung abbrechen muss, hat keine Chance mehr, die STEOP positiv abzuschließen. Eine solche Person könnte nicht einmal die Vorlesungsprüfung machen, selbst wenn sie den Stoff könnte. Eine Abmeldung kann natürlich erfolgen, aber es ist in weiterer Folge nicht möglich, die Vorlesungsprüfung zu schreiben. Damit gehen wertvolle ECTS verloren – nicht nur für den Studienfortschritt, sondern auch für diverse Beihilfen. Durch diese Regelung wird auch die Hürde zu finanzieller Unterstützung für sehr viele Studierende erhöht.
- Es fallen 3x 2 ECTS für Beihilfen weg
Bisher gab es für die VOen jeweils 6 ECTS für die Vorlesungsprüfung und weitere 2 ECTS je Repetitorium. Diese 3x 2 ECTS haben zwar nicht zum Abschluss des Studiums gezählt (sondern waren außercurricular, denn die PUEs waren ja freiwillig), aber Studierende konnten diese für Beihilfen u.ä. verwenden. Dies fällt jetzt weg.
Es werden für alle drei VOen die ECTS von 6 auf 3 gekürzt, ohne dass sich der Stoff ändert. Stattdessen soll es eine neue 3-ECTS-Übung geben (→ je 3x 3 ECTS). ECTS werden aber immer noch auf LV-Ebene vergeben und nicht rein für ein Modul.
Einerseits ist es für Studierende im Bezug auf Beihilfen ein Nachteil, wenn sie je 2 ECTS je LV/Modul weniger bekommen, da die Repetitorien wegfallen. Andererseits fragen wir uns auch, wie exakt ein und dieselbe LV plötzlich um 3 ECTS weniger haben kann, ohne dass sich der Stoff ändert.
Wie geht es jetzt weiter?
Es können noch bis zum 23. Mai 2025 Stellungnahmen abgegeben werden. Diese können einfach per E-Mail an curricularkommission@univie.ac.at geschickt werden. (Wenn ihr vorher mit uns Rücksprache halten wollt, euch andere Argumente einfallen, die wir noch verwenden können o.ä., könnt ihr uns gern auch via stv.informatik@univie.ac.at schreiben.)
Bitte macht von eurem Stellungnahmerecht Gebrauch und schreibt gerne eure Meinung. Diese Stellungnahmen gehen an die Arbeitsgruppe, die diese (idealerweise) berücksichtigen sollte oder zumindest begründen sollte, warum sie dies nicht tut.
Aus oben genannten Gründen sind wir vehement gegen diese Änderungen. Während wir es noch akzeptabel fänden, diese Änderungen für nur Mathematische Grundlagen der Informatik umzusetzen (weil diese LV für Studierende, die frisch aus der Schule kommen, eventuell tatsächlich sehr schwer ist und eine große Umstellung bedeutet), so möchten wir zumindest die Änderung der anderen Module verhindern.
Wir haben bereits alle Argumente in die Arbeitsgruppe eingebracht. Dennoch ist es leider absehbar, dass wir überstimmt werden, denn die Arbeitsgruppe ist im Verhältnis 2:2:2 besetzt (2 Studierende, 2 Professoren und 2 Personen aus dem Mittelbau), d.h. wir haben nur ein Drittel der Stimmen. Das voraussichtlich einzige, was uns jetzt noch helfen könnte, sind eure Stellungnahmen und Erfahrungen in diesem Kontext!
Sollten diese Änderungen letztlich beschlossen werden (was aus heutiger Sicht sehr wahrscheinlich ist), so würden diese ab kommendem Wintersemester (d.h. mit 1. Oktober 2025) für alle Studierenden in Kraft treten. Wer die Module bereits abgeschlossen hat, ist natürlich nicht betroffen; alle, denen eine der o.g. Lehrveranstaltungen noch fehlt, wären jedoch sofort betroffen.
Uns würde auch interessieren, wie – wenn diese Änderungen denn umgesetzt werden würden – man die Übung am besten umsetzen könnte, sodass die Nachteile möglichst klein sind. Lasst uns gerne auch dazu eure Ideen per E-Mail (an stv.informatik@univie.ac.at) zukommen!
SONSTIGE AKTUELLE CURRICULARE ENTWICKLUNGEN
Wie oben bereits kurz erwähnt, sollen im Lehramts-Bachelor Digitale Grundbildung und Informatik diverse Voraussetzungen gestrichen werden. Dies soll die Studierbarkeit maßgeblich erhöhen, weil Studierende nicht durch (unnötige) Voraussetzungsketten aufgehalten werden. Die geplante Änderung wurde von uns initiiert; ihr findet sie hier.
Ihr könnt natürlich auch dazu noch eine Stellungnahme abgeben. Letztlich sind diese aber aus unserer Sicht im Interesse der Studierenden. Über die Änderungen im Detail werden wir euch dann per E-Mail informieren, sobald diese fix sind (d.h. nach der zweiten Lesung).
Außerdem soll ein Erweiterungscurriculum Künstliche Intelligenz verstehen implementiert werden. Dieses wird großteils aus eigens für dieses EC geschaffenen Lehrveranstaltungen bestehen, es soll aber auch möglich sein, – auf Wunsch – einzelne LVen aus dem Informatikstudium zu besuchen. Das EC kann ausschließlich von Studierenden gewählt werden, die kein Informatikstudium betreiben. Den geplanten Text des Curriculums findet ihr hier.
Eure
Studienvertretung Informatik
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